Das Spiel ist schon ausgezeichnet. Hier zeigen sich die wohltuenden Wirkungen eines Ohres an der Community!
Heute möchte ich als Feedback drei grundlegende Probleme im Spielprinzip skizzieren und anschließend eine gemeinsame Lösung vorschlagen. Sie betreffen die Herausforderung, den Wettbewerb und den Kampf gegeneinander und damit letztlich die Spannung, die das Spiel zu bieten hat. Davon dürfte maßgeblich der langfristige Erfolg des Spiels abhängen.
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Im Mid- und End-Game ist im Spielprinzip etwas merkwürdig: Banditen, Diebe, Schemen und Werwölfe fallen in die eigene Siedlung ein und man versucht, sich ihrer so gut es geht zu erwehren. In diesem Setting „erduldet“ man deren Angriffe und geht mehr oder minder zum Gegenangriff auf deren Lager über.
Das macht eine Weile Spaß. Aber: Irgendetwas fehlt hier. Man kann die Angriffe nämlich einfach hinnehmen bzw. ertragen. Denn sie bewirken nichts anderes als Zeitverzug: Die von Banditen und Dieben gestohlenen Waren gilt es zu reproduzieren. Gleiches gilt für die von Schemen vernichteten Werkzeuge und die von Werwölfen assimilierten Pagonier – sie müssen nur „nachwachsen“. Da die Gegner die Siedlung selbst nicht zerstören, also nicht „an die Substanz“ gehen, ist dies alles nur eine Frage der Zeit. Das hat drei negative Seiten: Probleme lassen sich erstens einfach aussitzen. Zweitens fehlt eine gewisse Herausforderung. Drittens bewegt es sich manchmal zwischen lästig und langweilig. -
Häufig fehlt ein Wettbewerbs-Element bzw. ein Wettkampf gegen andere, reale Spieler. In anderen Strategiespielen würde man beispielsweise parallel mit anderen siedeln, eine Wirtschaft aufbauen und irgendwann aufeinanderprallen. Die militärische Auseinandersetzung gewinnt dann hauptsächlich, wer wirtschaftlich seinen Job besser gemacht hat. Etwas Vergleichbares existiert bei Pagonia nicht (was nicht heißen muss, dass es „fehlt“). Es gibt aber eben nur neutrale Bedrohungen von vier Gattungen, keinen Wettlauf bzw. Wettkampf mit anderen – ggf. menschlich geführten – Siedlungen. Durch das Weglassen dieses PvP-Modus kriegt das Spiel eine eigene Statik, es entgeht aber auch ein gewisser Reiz.
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Einen eigenen Weg geht Pagonia auch, indem es derzeit auf einen Kampf des Spielers gegen gleichartig funktionierende Computergegner verzichtet. Die Computergegner leben in Camps, die es auszuschalten gilt – sie siedeln aber nicht wie man selbst und nach identischem Muster. Ein „echtes“ PvE, bei dem die Bedrohung nicht nur aus der Umwelt kommt, sondern von einer KI-gesteuerten, gegnerischen Pagonia-Siedlung ausgeht, ist nicht vorhanden.
Welche Gründe es auch immer haben mag: Aus den drei benannten Punkten ist das Spiel seiner derzeitigen Konstruktion nach im Ergebnis den positiven Werten von Kooperation, friedlicher Konfliktlösung und der Hilfsbereitschaft verpflichtet. Pagonia ist also auf das Gute angelegt: Man gewinnt, indem man anderen hilft. Man kommt voran, indem man die Bedürfnisse anderer Dörfer befriedigen hilft und ihnen Wünsche erfüllt. Und man siegt letztlich, indem man Frieden stiftet und die Pagonier nach kluger Kooperation wiedervereint. Diese Konstruktion finde ich ausgesprochen lobenswert. Was gibt es Besseres? Vermutlich braucht es diese Prinzipien auch unbedingt, umso mehr in einer Welt, in der Kriege wieder häufiger und der irrsinnige Glaube an den Kampf aller gegen alle wieder genährt werden.
Ich vermute gar, dass die Entwickler sich bewusst für den derzeitigen Weg von Pioneers of Pagonia entschieden haben und die oben genannten drei Punkte kein Zufall sind. Dafür spricht auch der jüngst hinzugefügte Koop-Modus. Sollten die Entwickler das positive Spielprinzip beim Fortgang der Entwicklung des Spiels nicht aufgeben, sondern stärken wollen, teile ich dies unbedingt.
Die Gretchenfrage scheint mir deshalb zu sein: Wie lässt sich das auf wechselseitige Hilfe und Kooperation angelegte Spielprinzip bewahren und zugleich mit kompetitiven Momenten bzw. etwas mehr Herausforderung verknüpfen? Wie viel Wettbewerb verträgt Pioneers of Pagonia, ohne dabei auf ein stumpfes Gegeneinander und kriegerisches Gemetzel zu verfallen? Dazu ein paar skizzenhafte Gedanken:
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Vielleicht wäre es eine Option, etwas Wettbewerb bzw. ein kompetitives Moment hineinzubringen, indem man folgenden PvP-Modus hinzufügt: Mehrere Spieler können gegeneinander siedeln. Ihr Ziel besteht aber nicht darin, sich militärisch zu vernichten, sondern darin, die identische, vom pagonischen Dorf gestellte Aufgabe zu erfüllen. Zum Beispiel gewinnt, wer dem Dorf die vorab bestimmten Waren als erster liefert. Durch diesen Modus würde man Kooperation und Wettbewerb verknüpfen.
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Der unter 1. beschriebene Weg geht natürlich nicht nur PvP, sondern auch PvE – vielleicht am besten mit Gummiband-KI?
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Genügt dies an Wettbewerbsmomenten nicht, könnte man wie folgt vorgehen: Es wird ein PvP-Modus geschaffen, in dem man siegt, wenn man Alleinherrscher auf der Map ist (ähnlich Siedler). Dazu muss man den anderen militärisch besiegen. Allerdings könnte man die militärische Stärke der realen Spieler massiv davon abhängig machen, wie gut es dem Spieler gelingt, die Bedürfnisse eines neutralen pagonischen Dorfes zu befriedigen. So könnten die neutralen Dörfer etwa als Belohnung für gelieferte Hilfe wichtige militärische Ausrüstungsgegenstände oder andere, die Kampfkraft erhöhende Mittel liefern. Auch durch diese Lösung würden Kooperation und Wettbewerb im PvP-Modus miteinander verknüpft.
Weiterhin viel Erfolg bei der Verbesserung dieses – jetzt schon grandiosen – Spiels!
Was meint ihr? Wie lässt sich in Pioneers noch etwas mehr Pep hineinbringen?